Sonnenbrille auf – zack ich bin ein Star!


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Jetzt ist es wieder Zeit für mein Lieblingsaccessoire – die Sonnenbrille. Zeitweise hatte ich eine ganze Kollektion Zuhause. Diese ist leider auf ein Minimum geschrumpft, da ich sie – gleich wie bei den Schirmen – irgendwie verloren habe. Geblieben ist mir eine schwarze Ray Ban, die ihren festen Stammplatz als Notnagel im Auto hat. Zu meiner grossen Freude habe ich ein neues Modell gefunden, das mir wie ins Gesicht geschnitten ist und mit 19.90 Franken ein wahres Schnäppchen. Ich liebe diese Sonnenbrillen mit grossen Gläsern à la Audrey Hebpurn im Leo- oder Leopardenlook. Die Sonnenbrille ist für mich weit mehr als ein adretter Schutz vor der gefährlichen UV-Strahlung. Sie eignet sich bestens als Haarschmuck, verdeckt zuverlässig Augenfältchen und dient bestens als Tarnung – bewusst oder unbewusst – vor einem unbeliebten Gegenüber und sorgt für eine gewisse Anonymität. Zudem ist sie eines der besten Mittel das seelische Ungleichgewicht auszubalancieren. Wenn ich mich nicht so gut fühle – «Beethoven» an und Sonnenbrille auf, und schon sieht die Welt rosiger aus und fast ist wieder alles in Ordnung! Spot an: Die Sonnenbrille ist der Königstransfer im Kleiderschrank – ein Player, der den Unterschied macht. Sonnenbrille auf, zack: Ich bin ein Star! Rockstars tragen sie, weil’s cooler wirkt, Hollywoodstars schützen ihr Inkognito damit. In den 1980er und den 1990er Jahren setzten Supermodels wie Kate Moss, Claudia Schiffer, Naomi Campbell und Linda Evangelista mit dunklen Gläsern und eleganten Modellen neue Modeakzente. 1994 begeisterte der Film «Léon, der Profi», 1999 «Matrix» die Sonnenbrillenfans. In den 2000er Jahren waren dann rahmenlose Modelle, wie sie etwa von Paris Hilton getragen wurden, en vogue. Aber auch der Sonnenschutz der Brillen wurde wieder wichtiger, und so flossen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in das Brillendesign ein. Heute sind die Modelle fast alle wieder gefragt, denn die aktuellen Sonnenbrillentrends setzen auf Retro und Grunge, aber auch auf knallige Neon-Farben. Ob nun die Sonne scheint oder nicht, ist mittlerweile ohnehin egal, denn längst sind Sonnenbrille und Image eng miteinander verwoben.

    Über Jahrzehnte war die Sonnenbrille mit schwarzen Gläsern ein praktisches Accessoire, das den eigenen Auftritt mit einem Handgriff zum Positiven veränderte. Wir wirken glamouröser, den Stilvorbildern der Vergangenheit, von denen die Berühmtesten ihre Augen wirklich noch vor den grellen Fotoblitzen der Paparazzi schützen mussten, sei Dank. Audrey Hepburn, Jackie Kennedy, James Dean gehörten dazu und prägten nebenbei das Image der Sonnenbrille. Dann kamen die Masken. Auch damit lässt sich zwar die ein oder andere Emotion verbergen, nur passt dazu kaum mehr eine Sonnenbrille mit dunklen Gläsern. Halb inkognito unterwegs zu sein ist eine Sache, das Gesicht vom Kinn bis knapp über die Augenbrauen zu verhüllen, eine andere. FFP2-Masken und dunkle Sonnenbrillen passen definitiv nicht zusammen. Für mich Stress pur: Sonnenbrille mit Maske montieren, Sonnenbrille mit Lesebrille tauschen, wenn ich etwas lesen will. Ich musste mir bei einem Restaurantbesuch – dank Corona – eine innerliche To-do-Liste anlegen wie eine alte, vergessliche Frau: Habe ich alles? Sonnenbrille, Lesebrille, Maske, Natel, Zertifikat, ID – das Leben wird langsam selbst für äusserst flexible Menschen kompliziert!

    Aber es gibt Alternative, hinter denen die Welt ein bisschen rosiger daherkommt – bunte Gläser: Die erinnern an jene Berühmtheiten, die sie zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, Elton John, Johnny Depp. Und sie erinnern an die späten Neunziger und die frühen Tage des neuen Jahrtausends. Die heutigen Modelle mit bunten Gläsern lassen sich recyceln und sind somit nachhaltig. Sie schützen vor dem Sonnenlicht und schotten ihre FFP2-Träger dabei nicht vom Rest der Welt ab. Stattdessen färben sie alles blauer, grüner, rosiger. Diese Brillengläser, bunt, semi-transparent passen in die heutige Zeit. Denn das sogenannte «Oversharing» ist für viele zu einer Lebenseinstellung geworden. Und die bunten Brillen zeigen dabei deutlicher als die dunklen, dezenten Dinger, wofür die Sonnenbrille ohnehin schon immer stand: Gerade, weil wir sie tragen, wollen wir gesehen werden. Ich ziehe allerdings auch hier vor, gegen den Strom zu schwimmen, und mich mit Gläsern à la Audrey Hepburn entsprechend in Szene zu setzen – passt definitiv besser zu mir!

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

    Vorheriger ArtikelDen Mut nicht verlieren
    Nächster ArtikelDie «Bähnli-Berge» zu Fuss entdecken